Und dann? – Perspektive duale Berufsausbildung - BMBF Studienabbruch – und dann?

Die Karriere- und Aufstiegschancen für Auszubildende sind besser als je zuvor. Und: Studienabbrecherinnen und -abbrecher haben durch ihre Studienerfahrungen gute Chancen, die Führungskräfte und Unternehmensnachfolger/-innen von morgen zu werden.

Unser tägliches Leben basiert auf handwerklichen und gestalterischen Fähigkeiten, auf technischem Know-how und kompetenter Beratung. Wenn wir Möbel kaufen, mit dem Auto oder der Bahn in den Urlaub fahren oder einfach nur sonntags beim Bäcker um die Ecke Brötchen holen: Hinter all diesen Dienstleistungen und Produkten stecken Menschen, die uns das ermöglichen. Grundlage dafür ist die duale Berufsausbildung.

Junger Mann in einem Beratungsgespräch.
Wie geht es nach einem Studienabbruch weiter? Beratungsstellen geben Auskunft. © JOBSTARTER / Fotograf: Thilo Schoch

Doch was ist eigentlich die duale Berufsausbildung? Welche Perspektiven und Karrierechancen bietet sie jungen Menschen und insbesondere Studienaussteigerinnen und -aussteigern?

7 Fragen – 7 Antworten

Folgende Informationen zum Thema „berufliche Bildung“ erhalten Sie in diesem Artikel:

Mann überprüft ein Hydrauliksystem.
Das Durchschnittsalter von Auszubildenden liegt bei 20,1 Jahren. Aber für eine Ausbildung ist man nie zu alt – das weiß auch Yaser Zidan, der mit 44 Jahren seine Ausbildung begann. © JOBSTARTER / Fotograf: Thilo Schoch

WAS IST EINE DUALE BERUFSAUSBILDUNG?

Die duale Berufsausbildung verzahnt Praxis und Theorie miteinander. Praktische Fertigkeiten erwerben Sie im Ausbildungsbetrieb, theoretisches Wissen an der Berufsschule. Je nach Ausbildungsberuf besuchen Sie den Berufsschulunterricht an einem oder zwei Tagen in der Woche oder geblockt – also mehrere Wochen am Stück. Im Schnitt verbringen Sie rund 70 Prozent der Ausbildungszeit im Betrieb und 30 Prozent in der Berufsschule. Damit ist die duale Ausbildung sehr praxisorientiert – insbesondere im Vergleich zu einem Studium. Nach mindestens zwei bis maximal dreieinhalb Jahren beenden Sie die Ausbildung mit einer Abschlussprüfung in mündlicher und schriftlicher Form – und haben damit eine umfassende berufliche Handlungskompetenz erworben. Übrigens: Das Durchschnittsalter bei Beginn einer dualen Ausbildung lag laut Datenreport des Bundesinstituts für Berufsbildung im Jahr 2013 bei 20,1 Jahren.

Insgesamt enthält der Lehrplan der Berufsschulen etwa ein Drittel allgemeinbildende Inhalte und zwei Drittel berufsbezogene Inhalte. Welche Inhalte Sie an der Berufsschule lernen, wird durch die Kultusminister der 16 Bundesländer in der Kultusministerkonferenz entschieden.

Generell können Sie eine Ausbildung

  • im Bereich der Industrie- und Handelskammern (z.B. Kaufleute im Einzelhandel),
  • im Bereich der Handwerkskammern (z.B. Tischler/-in),
  • in den sogenannten freien Berufen (z.B. Steuerfachangestellte/-r),
  • in der Landwirtschaft (z.B. Forstwirt/-in),
  • oder im öffentlichen Dienst (z.B. Justizfachangestellte/-r)

machen.

Möchten Sie wissen, wie lange die Ausbildung dauert, welche Inhalte vermittelt werden und was in den Prüfungen abgefragt wird, können Sie dies in der jeweiligen Ausbildungsordnung finden. Die Ausbildungsordnungen fußen auf dem Berufsbildungsgesetz (BBiG) beziehungsweise der Handwerksordnung (HWO).

Grundlage der Ausbildung ist ein Ausbildungsvertrag. Dieser umfasst in der Regel auch eine Probezeit, nach deren Ablauf Sie weitgehenden Kündigungsschutz genießen. Die Ausbildungsvergütung richtet sich jeweils nach dem berufsspezifischen Tarifvertrag und steigert sich während der Ausbildung.

Aktuell gibt es 327 anerkannte Ausbildungsberufe über alle Branchen hinweg. Wie viele fallen Ihnen ein? Die meisten kennen zum Beispiel die Kfz-Mechatronikerin und die Köchin, den Bäcker oder den Frisör. Aber haben Sie auch schon einmal von den Fachkräften für Fruchtsafttechnik, dem Fotomedienfachmann oder der Pflanzentechnologin gehört? Viele Ausbildungsberufe sind nur wenigen bekannt. Informieren Sie sich daher über die vielfältigen Möglichkeiten – zum Beispiel auf BERUFENET. Die Datenbank der Bundesagentur für Arbeit, stellt die Anforderungen und Inhalte aller Ausbildungsberufe vor.

Für welchen Ausbildungsberuf Sie sich letztlich entscheiden: Sie legen mit einer dualen Ausbildung ein sicheres Fundament für Ihre berufliche Zukunft. Und zwar aus folgenden Gründen:

  • individuell: Die große Anzahl an Aus- und Weiterbildungsangeboten ermöglicht es Ihnen, eine berufliche Laufbahn einzuschlagen, die Ihren Wünschen und Kompetenzen entspricht.
  • sicher: Beruflich qualifizierte Arbeitskräfte sind begehrt – und damit die Übernahmequoten nach erfolgreichem Abschluss der Ausbildung hoch und der Einstieg ins Berufsleben sicherer. Zwei von drei Auszubildenden schaffen den direkten Übergang in den Beruf, die Arbeitslosenquote von qualifizierten Fachkräften (PDF, 472kB, Datei ist nicht barrierefrei) liegt bundesweit bei 5,1 Prozent.
  • unabhängig: Sie erhalten ab dem ersten Tag der Ausbildung eine Ausbildungsvergütung und können spätestens nach drei Jahren ins Berufsleben starten.
  • flexibel: Die Ausbildungsdauer kann verkürzt, die Ausbildung in Teilzeit absolviert oder durch ein berufsbegleitendes Studium ergänzt werden – passend zu Ihrer aktuellen Lebenssituation. Mehr Informationen zu diesen Möglichkeiten finden Sie unter „Fakten checken“.
  • international: Die duale Ausbildung ist international anerkannt. Sie können bereits während der Ausbildung für ein Praktikum ins Ausland gehen oder nach der Ausbildung als anerkannte Fachkraft im Ausland arbeiten.
  • anspruchsvoll: Die Anforderungen in vielen dualen Berufsausbildungen sind hoch. Sie müssen nicht selten Fremdsprachen beherrschen, sehr gute kommunikative Fähigkeiten besitzen oder lernen, mit komplexen Maschinen umzugehen.
  • perspektivisch: Anpassungs- und Aufstiegsfortbildung, duales Studium und Zusatzqualifikation, aber auch die Gründung oder Übernahme eines eigenen Unternehmens – die berufliche Bildung bietet Ihnen viele Entwicklungs- und Karrieremöglichkeiten.

Weitere Fakten zur dualen Ausbildung:

  • Jedes Jahr beginnen in Deutschland über 500.000 junge Menschen eine duale Berufsausbildung.
  • Im Jahr 2013 hatte jeder vierte Auszubildende (25 Prozent) Abitur oder Fachabitur.
  • 46 Prozent der studienberechtigten Auszubildenden konzentrierten sich auf zehn Berufe, darunter Industriekaufmann bzw. -frau, Bankkaufmann/-frau und Steuerfachangestellte/-r.
  • In 2015 entfielen bundesweit 93,4 Ausbildungsplatzangebote auf 100 Ausbildungsplatznachfrager/-innen.
  • Das Anforderungsprofil der Ausbildungsberufe hat sich zum Teil erheblich erhöht, insbesondere im kognitiven Bereich, zum Beispiel bei der Ausbildung zum/zur Augenoptiker/-in oder Hörgeräteakustiker/-in.
Junger Tischler vor einem Glasregal mit Holzmodellen. In seinen Händen hält er eine Holzkiste. Er lacht in die Kamera.
Genau mein Ding: Wie Jan Dressler finden viele Studienabbrecherinnen und -abbrecher eine Ausbildung, die zu den eigenen Interessen und Stärken passt. © JOBSTARTER / Fotograf: Thilo Schoch

WELCHER BERUF PASST ZU MIR?

Von A wie Anlagenmechaniker bis Z wie Zahnmedizinische/-r Fachangestellte/-r – die Auswahl an Berufen ist sehr groß. Insgesamt können Sie zwischen 327 anerkannten dualen Ausbildungsberufen wählen. Es gibt Berufe mit technischer Ausrichtung, andere wiederum sind durch kreative oder soziale Aufgaben geprägt. Fragen Sie sich zunächst, was Sie interessiert und welche Kompetenzen und Stärken Sie mitbringen. Hat Ihnen Ihr Studium bisher fachlich zugesagt, können Sie nach inhaltlich passenden Ausbildungsberufen Ausschau halten. So können Sie zum Beispiel vom Maschinenbau-Studium in die Ausbildung zur/zum Feinwerkmechaniker/-in wechseln. Design-Studentinnen und Studenten finden beispielsweise Entsprechung in einer Tätigkeit als Inneneinrichter/-in oder technische/-r Zeichner/-in, BWL-Studentinnen und Studenten werden oftmals bei den kaufmännischen Berufen fündig.

Eine inhaltliche Neuorientierung ist aber auch kein Problem: So wechseln viele Studienabbrecherinnen und -abbrecher ganz bewusst die Fachrichtung, wenn Sie in die duale Berufsausbildung einsteigen, so wie Jan Dressler. Wenn Sie mögen, können Sie also von einem geisteswissenschaftlichen Studium in eine technische Ausbildung wechseln – oder von einem Maschinenbaustudium in einen kreativen Ausbildungsberuf. Zwar sind die Möglichkeiten, sich Studienleistungen anrechnen zu lassen, in diesem Fall geringer – aber im Zentrum sollte immer in erster Linie das persönliche Interesse an dem Ausbildungsberuf stehen. Denn nur wer intrinsisch motiviert ist und sich mit seiner Entscheidung wohl fühlt, wird erfolgreich sein – das gilt im Studium wie in der Ausbildung.

Neben dem persönlichen Interesse an den Ausbildungsinhalten ist aber auch die fachliche Eignung wichtig. So sollten sie zum Beispiel für künstlerische oder gestalterische Berufe wie der Ausbildung zum/zur Goldschmied/-in eine besondere Begabung mitbringen. Denken Sie daran: Viele Ausbildungsberufe stellen heutzutage hohe Anforderungen an die Auszubildenden. Ob technisches Geschick, logisches Denken, mathematisches Verständnis oder psychische und physische Belastbarkeit – die duale Berufsausbildung bietet eben auch Abiturientinnen und Abiturienten oder Studienabbrecherinnen und Studienabbrechern die Chance, ihre Potenziale voll auszuschöpfen.

Die Phase der Um- und Neuorientierung ist sehr wichtig. Nehmen Sie sich daher ausreichend Zeit, um die vielfältigen Möglichkeiten der dualen Ausbildung kennenzulernen und eine bewusste und reflektierte Entscheidung für einen Ausbildungsberuf zu treffen. Die fachliche und persönliche Eignung, aber auch die Arbeitsabläufe und Inhalte der Ausbildung können Sie beispielsweise auch während eines Praktikums gut erproben. Schnuppertage, Tage der offenen Tür, Aushilfsjobs, Gespräche mit anderen Auszubildenden – Sie haben viele Möglichkeiten, um einen realistischen Einblick in einen Beruf zu erhalten. Nutzen Sie diese, um sich mit den Ausbildungsinhalten vertraut zu machen und einen Einblick in die Arbeitsabläufe eines Betriebs zu erhalten.

Denn wie bei der Studienwahl kann auch die Berufswahl durch falsche Vorstellungen oder andere abbruchsfördernde Faktoren bestimmt sein – zum Beispiel, wenn Sie aufgrund von Ratschlägen durch Eltern oder Freunde eine bestimmte Ausbildung aufnehmen und nicht aus sich selbst heraus motiviert sind. Außerdem konzentriert sich ein Großteil der Bewerbungen auf Ausbildungsplätze auf lediglich zehn der 327 anerkannten Berufe. Es lohnt sich daher, wenn Sie über den Tellerrand schauen und sich über die vielzähligen Möglichkeiten der dualen Berufsausbildung informieren.

Im Internet gibt es zudem viele Berufs- und Kompetenztests, die Ihnen einen ersten Hinweis geben können, welcher Beruf zu Ihren Fähigkeiten passt. Eine Auflistung von Online-Tests finden Sie unter „Fakten checken“.

Intensiver und individueller ist aber die persönliche Beratung – zum Beispiel an der Hochschule, bei der örtlichen Industrie- und Handelskammer oder der Handwerkskammer, der Bundesagentur für Arbeit und nicht zuletzt bei konkreten  Ausbildungsbetrieben. Eine Auswahl an Informations-, Beratungs- und Vermittlungsstellen finden Sie zum Beispiel in unserer interaktiven Landkarte.

Detailbild: Metallstück wird mit einem Hammer in Form gebracht.
Mit dem Abschluss einer dualen Berufsausbildung legen Sie den Grundstein für eine Zukunft mit vielseitigen beruflichen Perspektiven. © JOBSTARTER / Fotograf: Thilo Schoch

WELCHE PERSPEKTIVEN UND ENTWICKLUNGSMÖGLICHKEITEN BIETET MIR DIE DUALE BERUFSAUSBILDUNG?

Mit einer dualen Berufsausbildung haben Sie viele Entwicklungs- und Karrieremöglichkeiten. Warum? Laut den Prognosen (PDF, 1MB, Datei ist nicht barrierefrei) des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) und des Instituts für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB) werden mittelfristig in Deutschland, insbesondere auf Ebene der Fachkräfte mit einem Berufsabschluss, Engpässe entstehen. Dieser Fachkräftemangel  ist bereits heute in einigen Branchen wie dem Handwerk deutlich zu spüren, für weitere Branchen ist er vorhergesagt. Außerdem werden in den nächsten Jahren ungefähr 200.000 Unternehmensnachfolgerinnen und -nachfolger für kleine und mittelständische Unternehmen alleine im Handwerk gesucht. Die Aussichten auf eine Karriere nach einer dualen Ausbildung in Industrie, Handwerk, in den freien Berufen und im öffentlichen Dienst sind daher so gut wie nie zuvor.

Nicht nur die Aussicht, leicht eine Lehrstelle zu finden, sondern auch die Übernahmechancen nach der Ausbildung in ein festes Arbeitsverhältnis sind hoch. Laut BIBB-Datenreport 2015 wurden zwei von drei Auszubildenden übernommen. Mit dem Abschluss einer dualen Berufsausbildung legen Sie daher den Grundstein für eine Zukunft mit Aussicht auf einen schnellen Einstieg ins Berufsleben, sichere Beschäftigungsverhältnisse und gute Verdienstmöglichkeiten. Auch die Chancen im Ausland beruflich Fuß zu fassen sind für in Deutschland ausgebildete Fachkräfte sehr gut.

Nicht zuletzt sind ferner die Verdienstmöglichkeiten während einer Ausbildung und insbesondere nach einer zusätzlichen Fortbildung nicht schlecht: Vergleicht man beispielsweise das Gehalt von Akademiker/-innen und ausgebildeten Fachkräften, lohnt sich ein Studium (finanziell) nicht immer. Entscheidend ist die Fachrichtung. So zeigt der DIW-Wochenbericht Nr. 13 (PDF, 489kB, Datei ist nicht barrierefrei) aus dem Jahr 2012, dass beispielsweise Männer im Bereich Versicherungswesen oder in der Buchhaltung deutlich höhere Löhne erwirtschaften können als Absolventen von Lehramts- oder geisteswissenschaftlichen Studiengängen; Frauen erreichen vor allem in der Marketing und Werbebranche vergleichsweise höhere Löhne, wenn sie eine betriebliche Ausbildung anstelle eines Studiums absolviert haben. Bedenken Sie zusätzlich: In der dualen Ausbildung erhalten Sie bereits ab dem ersten Tag ein Gehalt in Form der Ausbildungsvergütung, welche von Jahr zu Jahr steigt. Spitzenverdienerinnen und -verdiener unter den Auszubildenden waren im Jahr 2015 die Maurerinnen und Maurer, gefolgt von Mechatroniker/-in, Kaufmann/-frau für Versicherungen und Finanzen und Medientechnologin bzw. Medientechnologe Druck. Wer sich dann noch während oder direkt im Anschluss an die duale Berufsausbildung fortbildet – zum Beispiel zum Meister oder Techniker –, hat nicht nur die Aussicht, seine beruflichen Aufstiegschancen deutlich zu erhöhen, sondern auch seine Verdienstmöglichkeiten erheblich zu verbessern.

Schon während der Ausbildung können Sie sich zum Beispiel mit Zusatzqualifikationen, Auslandsaufenthalten oder im Rahmen eines ausbildungsintegrierten dualen Studiums weiter qualifizieren und Ihrem Lebenslauf eine individuellere Note verleihen. Nach der dualen Ausbildung bieten Ihnen Anpassungs- sowie Aufstiegsfortbildungen gute Weiterbildungsmöglichkeiten. Mit Anpassungsfortbildungen bleiben Sie in Ihrem Berufsfeld auf dem neuesten Stand, können Wissen auffrischen und sich Neues aneignen. Bei der Aufstiegsfortbildung können Sie Ihren Meistertitel, den Fachwirt, den staatlich geprüften Techniker und andere Titel erwerben. Mit all diesen Fortbildungen ebnen Sie sich den Weg in die Führungsetagen oder können ein eigenes Unternehmen gründen oder übernehmen – und selbst junge Menschen ausbilden.

Da die Möglichkeiten für Fortbildung und Weiterbildung vielfältig sind, sollten Sie auch hierfür eine individuelle Beratung in Anspruch nehmen. Experten in den Informations- und Beratungseinrichtungen können Sie auf fachliche Spezialisierungskurse und andere Fort- und Weiterbildungsprogramme hinweisen. Zur Finanzierung der beruflichen Fortbildung können Sie unter bestimmten Voraussetzungen das sogenannte Meister-Bafög oder ein Weiterbildungsstipendium beantragen. Nicht zuletzt ist für Sie wichtig, dass man als Studienabbrecher/-in im Handwerksbereich auch eine kombinierte und insgesamt verkürzte duale Aus- und berufliche Fortbildung absolvieren kann.

Weitere Informationen und Links zum Thema „Fort- und Weiterbildung“ finden Sie unter „Fakten checken“.

Junger Binnenschiffer prüft einen Dieselmotor mit einer Taschenlampe.
Vom Binnenschiffer bis zur Zahntechnikerin: Die Chancen in der beruflichen Bildung sind vielfältig. © JOBSTARTER / Fotografin: Virginia Gerard

WELCHE CHANCEN HABEN SPEZIELL STUDIENABBRECHERINNEN UND -ABBRECHER AUF DEM AUSBILDUNGSMARKT?

In Zukunft werden insbesondere Fachkräfte im mittleren Qualifikationssegment fehlen, das heißt Fach- und Führungskräfte. Hinzu kommen Betriebsinhaberinnen und -inhaber, die Nachfolgerinnen und Nachfolger suchen. Für die Ausbildungsbetriebe sind Sie als Studienabbrecherin oder -abbrecher für diese Positionen von besonderem Interesse. Denn aufgrund Ihrer akademischen Vorerfahrung bringen Sie bestimmte Kompetenzen wie Analysefähigkeit, ganzheitliches Denken und selbstständiges Arbeiten mit. Diese schätzen Unternehmerinnen und Unternehmer sehr, da sie wichtige Erfolgsfaktoren für spätere Führungspositionen darstellen. Auch das Alter spielt eine Rolle: Mit einigen Semestern Studienerfahrung sind Sie in der Regel älter als Mitbewerberinnen und Mitbewerber, die direkt von der Schule kommen, und haben mehr Lebenserfahrung. Das kann – zum Beispiel in Berufen, die ein hohes Maß an Selbstständigkeit oder Einfühlungsvermögen erfordern – von Vorteil sein.

Dass Studienabbrecherinnen und -abbrecher eine gern gesehene Bewerbergruppe für Ausbildungsstellen sind, belegen auch wissenschaftliche Erhebungen. Laut einer Betriebsbefragung des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) sind 75 Prozent der befragten Betriebe grundsätzlich bereit, Studienaussteigerinnen und -aussteiger auszubilden. Jeder dritte der befragten Betriebe gab außerdem an, bereits Erfahrung in der Ausbildung von Studienabbrecherinnen und -abbrechern gemacht zu haben – dazu zählen vor allem Betriebe mit mehr als 100 Beschäftigen, Betriebe im Zuständigkeitsbereich der Industrie- und Handelskammern sowie Einrichtungen des öffentlichen Dienstes und des Gesundheits- und Sozialwesens.

Das heißt aber nicht, dass Sie sich nicht auch bei kleinen und mittleren Betrieben bewerben sollten. Auch diese sind an Studienabbrecherinnen und -abbrechern interessiert. Oft fehlt ihnen nur der Zugang – das heißt, sie wissen nicht, wie sie Menschen, die ihr Studium abgebrochen haben, erreichen und ansprechen sollen. Ziehen Sie daher auch Bewerbungen bei kleineren Unternehmen in Betracht. Ihr Vorteil: Insbesondere in kleinen und mittelständischen Unternehmen können Sie schnell aufsteigen.

Damit Betriebe und Studienabbrecherinnen und -abbrecher besser zusammenfinden, sind viele Initiativen und Projekte gestartet. Eine Auswahl finden Sie auf unserer interaktiven Landkarte.

Auszubildender im Gespräch mit einer Kundin. Er lächelt sie an. Auf dem Schreibtisch befindet sich ein Formular.
In der Versicherungsbranche wird ausschließlich qualifiziertes Fachpersonal eingesetzt. © JOBSTARTER / Fotograf: Thilo Schoch

WELCHE VORTEILE HAT EINE AUSBILDUNG GEGENÜBER DEM DIREKTEN EINSTIEG IN DEN BERUF?

Nach einem Studienabbruch möchten Sie vermutlich direkt Geld verdienen. Sie wollen auf eigenen Beinen stehen und unabhängig werden. Daher erscheint Ihnen eine Ausbildung vielleicht nicht besonders attraktiv. Mit durchschnittlich 963 Euro pro Monat im Jahr 2020 ist die tarifliche Ausbildungsvergütung geringer als der Verdienst bei einem direkten Berufseinstieg. Doch das ändert sich schnell: Als ausgebildete Fachkraft verdienen Sie in der Regel mehr als Ungelernte. Und das ist nicht der einzige Vorteil: Der Arbeitsmarktbericht der Bundesagentur für Arbeit zeigt, dass die Arbeitslosigkeit und vor allem die Langzeitarbeitslosigkeit in der Altersgruppe der 25 bis 35-Jährigen bei denjenigen am höchsten ist, die keinen berufsqualifizierenden Abschluss haben. Menschen ohne Berufsabschluss arbeiten auch seltener in Vollzeit, werden geringer entlohnt als Fachkräfte, sind häufiger in Zeitarbeit beschäftigt und werden schneller wieder arbeitslos. In vielen Unternehmen werden außerdem ausschließlich qualifizierte Fachkräfte eingestellt – das ist nicht nur ein schlagkräftiges Argument bei den Kunden, sondern auch für Sie, wenn Sie vor der Wahl einer beruflichen Ausbildung oder dem Direkteinstieg in die Erwerbsarbeit ohne qualifizierten Berufsabschluss stehen.

Verschiedene Werkzeuge hängen an einer Werkzeugbank.
Studienabbrecherinnen und -abbrecher bringen manchmal bereits das passende, theoretische „Handwerkszeug“ für die Ausbildung mit. © JOBSTARTER / Fotograf: Thilo Schoch

WIE KÖNNEN STUDIENLEISTUNGEN BEI DER AUSBILDUNG BERÜCKSICHTIGT WERDEN?

Wenn Sie mehrere Semester an einer Hochschule verbracht haben, erscheint Ihnen diese Zeit vielleicht als verlorene Zeit. Doch dem ist nicht so, denn wenn Sie über eine  allgemeine Hochschulzugangsberechtigung verfügen, können Sie beispielsweise eine berufliche Erstausbildung, die normalerweise drei Jahre dauert, durch den Nachweis des Abiturs, um sechs bis zu zwölf Monate verkürzen. Daneben gibt es noch weitere Möglichkeiten zur Verkürzung der dualen Ausbildung, die im Berufsbildungsgesetz (BBiG) und in der Handwerksordnung (HWO) geregelt sind.  Sind zusätzlich das bisherige Studium und der gewählte Ausbildungsberuf inhaltlich verwandt – beispielsweise  beim Wechsel vom Betriebswirtschaftsstudium in die Ausbildung zur Bankkauffrau bzw. zum Bankkaufmann – können bereits erbrachte Studienleistungen ebenfalls bei der Ausbildungsdauer berücksichtigt werden. Oder Sie können bereits Teile der Meisterprüfung während der Ausbildung ablegen. In seltenen Fällen – wenn Sie bereits ausreichend Praxiserfahrung gesammelt haben – können Sie auch zur sogenannten Externenprüfung zugelassen werden und so direkt einen berufsqualifizierenden Abschluss erwerben. Die Anrechnungs- und Anerkennungsmöglichkeiten sind allerdings vielfältig und unterschiedlich geregelt und müssen daher mit Hilfe des Ausbildungsbetriebes und der zuständigen Kammer individuell ausgelotet werden. Auch die speziellen Beratungsangebote und Modellprojekte für Studienabbrecherinnen und -abbrecher beraten in dieser Frage. Weitere Informationen und Links zum Thema „Verkürzung und Anrechnung“ finden Sie unter „Fakten checken“.

Darüber hinaus können Sie im Studium erworbene Kompetenzen wie Zeitmanagement, Selbstdisziplin und Analysefähigkeit im Bewerbungsprozess um einen Ausbildungsplatz ebenfalls besonders herausstellen.

Holz wird mit Hilfe einer elektrischen Säge in Form geschnitten. Auszubildender ist verschwommen im Hintergrund zu sehen.
Begonnen 1897 mit den Handwerkszünften, heute Basis vieler Branchen und Berufszweige: Die duale Berufsausbildung in Deutschland. © JOBSTARTER / Foto: Thilo Schoch

WELCHEN STELLENWERT HAT DIE DUALE AUSBILDUNG IN DEUTSCHLAND UND INTERNATIONAL?

Die duale Berufsausbildung ist in Deutschland die Basis vieler Branchen und Berufszweige und bildet mit seinen gut ausgebildeten Fachkräften das Rückgrat der deutschen Wirtschaft.  Durch die unmittelbare Nähe zur betrieblichen Praxis bietet sie gute Voraussetzungen für den Übergang ins Arbeitsleben und über die berufliche Aufstiegsfortbildung vielfältige Karriere- und persönliche Entwicklungschancen. Insbesondere durch die hohe Übernahmequote nach Abschluss einer dualen Ausbildung ist zudem in keinem anderen Land in der Europäischen Union die Jugendarbeitslosigkeit so gering wie in Deutschland. Länder wie Italien, Portugal oder Slowenien versuchen daher mittlerweile, Elemente des deutschen Systems zu adaptieren, um die Jugendarbeitslosigkeit zu senken. Ebenso lobte US-Präsident Barack Obama 2013 das duale Ausbildungssystem in seiner Rede zur Lage der Nation und plant aktuell eine Reform des Bildungssystems nach deutschem Vorbild. Und nicht zuletzt hat die OECD in ihrem Bildungsbericht 2014 die duale Berufsausbildung in Deutschland gewürdigt. Aufgrund des internationalen Zuspruchs sind Fachkräfte „made in Germany“ international gefragt. Wenn Sie eine Ausbildung in Deutschland absolvieren, stehen Ihre Chancen daher gut, auch im Ausland Karriere zu machen. Die duale Berufsausbildung ist also ein starkes System – und steht der akademischen Bildung in nichts nach. Daher wird beispielsweise in der Allianz für Aus- und Weiterbildung, in der der Bund, die Länder und die Sozialpartner vertreten sind, auch die Gleichwertigkeit der beruflichen und der akademischen Ausbildung betont. Das System der dualen Berufsausbildung in Deutschland lebt heutzutage vom Engagement dieser Akteure.

Die duale Ausbildung in Deutschland ist ferner ein etabliertes System, dass sich über Jahrhunderte entwickelt hat. Begonnen hat es mit den Handwerkszünften, die die Meisterausbildung aufbauen und regeln wollten. Ausbildung blieb lange eine Handwerksdomäne und wurde schließlich im 19. Jahrhundert auch in anderen Branchen angewandt. 1897 wurde das duale Ausbildungssystem – so wie wir es heute kennen, mit der praktischen Ausbildung im Betrieb und der theoretischen Ausbildung in der Berufsschule, – erstmals festgeschrieben. Die berufliche Ausbildung wurde dann noch vor allem in den 1920er- und 1930er-Jahren weiterentwickelt und schließlich 1969 mit dem Berufsbildungsgesetz gesetzlich verankert.